Urlaub im All


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Design Report
GALACTIC SUITE
(Germany)

URLAUB IM ALL

Xavier Claramunt ist Architekt, Schmuckdesigner, Gründer der Designagentur EQUIP – und will jetzt zum Betreiber des allerersten Weltraumhotels werden. Mit seiner Firma Galactic Suite arbeitet er fleißig an der Entwicklung eines Kapselhotels, das schon Ende 2012 in einer Umlaufbahn über der Erde kreisen soll. Obwohl der Kurzurlaub drei Millionen Euro kostet und ein viermonatiges Training erfordert, gibt es bereits 38 Reservierungen.

Seychellen? Antarktis? Eine Privatinsel in der Karibik? Wie langweilig. Wer es sich leisten kann, drei Millionen Euro für einen Urlaub auszugeben und mehr als vier Monate am Stück blauzumachen, der hat wahrscheinlich auf dieser Erde sowieso schon alles gesehen. Bleibt eigentlich nur noch „space, the final frontier”, wie es bei Raumschiff Enterprise immer so schön hieß. Dass Weltraumreisen die Zukunft des Tourismus seien, hört man immer mal wieder und tut es meist als Hirngespinst ab. Aber wenn es nach einer spanischen Firma namens Galactic Suite geht, soll das bereits Ende 2012 Wirklichkeit werden. Zweimal pro Monat sollen dann je vier reiche Abenteurer ein paar Tage in einem Kapselhotel im Weltall verbringen dürfen, in einer Umlaufbahn 450 Kilometer über der Erde.
Initiator des Projekts ist Xavier Claramunt, Gründer der Designagentur Equip aus Barcelona. Claramunt, der 1965 im katalanischen Städtchen Igualada geboren wurde, studierte in jungen Jahren ein paar Semester Luft- und Raumfahrttechnik, sattelte aber bald auf Architektur um. Noch während seines Studiums machte er sich einen Namen als Schmuckdesigner und gründete 1990 die Designagentur ADD+, die er 2001 in Equip, das katalanische Wort für Mannschaft, umbenannte. Heute ist Equip in so ziemlich jedem Maßstab tätig, von Schmuck über Produktdesign bis hin zu Architektur. Zu den bekanntesten Projekten der Agentur gehören ein BMW-Autohaus in Sabadell, die Interieurs der Chic & Basic Hotels in Barcelona sowie das Besteck „Franki” für den Starkoch Ferran Adrià.

Agentur, LAB und Assault Team
„Man darf sich nicht darum kümmern, was die anderen denken”, erklärt Clara-munt seine Geschäftsphilosophie. „Das habe ich von Ferran Adriä gelernt. Man muss das tun, woran man glaubt, und dabei bis an die Grenzen gehen. Falls es schief geht, hat man wenigstens Erfahrungen gewonnen.” Die Arbeitsweise der Agentur Equip, bei der etwa 30 Leute beschäftigt sind, ist ebenso unkonventionell wie Claramunt selbst. „Bei uns muss niemand Rechenschaft über seine Arbeit ablegen, aber alle zwei Wochen fotografieren wir alles, was produziert wurde, und fertigen Modelle davon an, damit nichts ungenutzt bleibt. Das Einzige, was wir uns nicht erlauben können, sind jede Menge Arbeitsstunden, die ins Nichts führen”, sagt Claramunt. Mehr als die Hälfte der Mitarbeiter von Equip arbeitet dementsprechend in der LAB-Abteilung (laboratory), die keine Aufträge ausführt, sondern selbst initiierte Projekte entwickelt, und innerhalb derer es wiederum das „assault team” gibt, das mit besonders wilden Vorschlägen aufwarten darf.
Aus dem LAB ging auch die Idee hervor, Touristen in ein Designhotel im Weltall zu schicken. Als die ersten Investoren Interesse an dem Projekt zeigten, gründete Claramunt Anfang 2007 gemeinsam mit dem katalanischen „Space Entrepreneur” Marsal Gifra das Unternehmen Galactic Suite, das inzwischen 53 Angestellte zählt. Laut Claramunt gibt es weltweit 40 000 Menschen, die so wohlhabend sind, dass sie sich einen Aufenthalt in der Galactic Suite leisten könnten – und immerhin 38 davon haben bereits einen Weltraumtrip bei ihm reserviert. Bevor sie ins All geschossen werden, müssen die Freizeitastronauten jedoch ein 16-wöchiges Trainingsprogramm absolvieren. Damit das nicht allzu lästig wird, findet es auf einer Karibikinsel statt, auf der Claramunt auf einem zehn Hektar großen Grundstück ein Strandhotel mit 200 Suiten inklusive Hangar für Privatjets und den Galactic Suite Space Port bauen will. Aus dem Space Port werden per Maglev-Magnetschwebetechnologie auf einer drei Kilometer langen Startbahn die Shuttles lanciert, die die Gäste ins All bringen. „Der Space Port ist als leuchtender Bau entworfen, der sich schrittweise auffaltet, wenn das Shuttle lanciert wird”, erläutert Claramunt.

Drei Tage in der Kapsel
Das Weltraumhotel ist als molekülähnliche Struktur aus sieben mal vier Meter großen, weißen Raumkapseln entworfen, die mittels Raketen in die Umlaufbahn transportiert werden. Fürs Erste sind fünf Kapseln geplant, die sich im All automatisch zu einer Traube zusammensetzen sollen: drei Zimmer mit Platz für insgesamt vier Gäste und zwei Begleiter, eine Servicekapsel sowie eine Multifunktions-kapsel, in der die Gäste ein „gemischtes Programm aus Entspannung und sportlichen Ãœbungen absolvieren können”. Jede Suite hat ein großes Fenster, durch das die Gäste 15 Mal pro Tag die Sonne aufgehen sehen. Damit sie dabei nicht hilflos in der Schwerelosigkeit treiben, tragen sie Anzüge aus Klettstoff, mit denen sie sich an den Wänden ihrer Suite entlanghangeln können. Das Problem der Weltraumhygiene löst das „Space Spa”, in dem anstelle einer Dusche eine 20-Liter-Wasserblase schwebt. Und falls ein empfindlicher Gast einen Weltraumkoller bekommt, bleibt das Shuttle während des dreitägigen Aufenthalts allzeit abflugbereit beim Hotel. Das mag alles wie eine Schnapsidee klingen, aber ein reicher Weltraumfan hat bereits drei Milliarden Dollar in das Projekt investiert, und auch ein Unternehmen aus Florida ist als Investor beteiligt. „Manchmal glaube ich, mein größtes Talent ist es, Dinge zu starten, Leute zu motivieren und sie in interessante Projekte zu involvieren”, meint Claramunt. Ungelöst ist angeblich nur noch die Frage, was die Gäste im All zu essen bekommen sollen. Vielleicht fällt Claramunts Freund Ferran Adriä dazu noch etwas ein?